Dienstag, 22. Januar 2008

Lebensfreude = Religiosität

Beim Lesen der letzten Diskussions-Beiträge zu Michael's Beitrag auf Lars' Blog (inzwischen 171 Kommentare dort!) kamen mir noch neue Gedanken zur Evolution der Religiosität, die mir so gut gefallen, daß ich sie nicht nur dort, sondern auch hier einstellen möchte:
Hedonisten legen sich keine Steine in den Weg

Ich habe für mich selbst immer solche Gemeinschaften wie die Amish als solche charakterisiert, die sich bewußt Steine in den Weg legen im alltäglichen Leben oder es bewußt vermeiden, solche Steine beiseite zu räumen.

Warum könnte das adaptiv sein?

Interessanterweise hatten auch die ungeheuer schwer arbeitenden deutschen Rodungsbauern in den wolhynischen Sümpfen des 19. Jahrhunderts - vom russischen Zaren gerufen - eine auch zu jenen Zeiten ungewöhnlich hohe Kinderzahl. Zudem waren sie zumeist betont religiös.

Altruismus per se erfordert meistens, den inneren "alten Adam" zu überwinden. Der Mensch möchte von Natur her es lieber bequem haben. Und wenn er sich psychologisch darauf einstellt, daß er es bequem hat (wir hedonistischen, verwöhnten Wohlstands-Kinder eben), dann fällt ihm der ganze Streß mit den Kindern von morgens bis abends WIRKLICH schwer. Er ist nicht mehr selbstverständlich. In welchen Lebensbereichen tut man sich denn heutzutage sonst noch solch einen Streß an? (Ich glaube, ich weiß so ein bischen, wovon ich rede ... Und hoffentlich auch so mancher Leser.)

Mir kommt es geradezu selbstverständlich vor, daß Kulturen und Gesellschaften, die es ganz bewußt pflegen, sich "Steine in den Weg zu legen" (und natürlich dennoch von Kindheit an darüber zu steigen), daß es denen viel leichter fällt, diesen Altruismus zu leben, der kinderreiche Familie nun mal bedeutet.

Und STABILISIERT und GERECHTFERTIGT wird eben dieses "sich Steine in den Weg Legen" durch entsprechende religiöse oder weltanschauliche "Gerüste", "Begründungen". Ich meine, daß man auch von einem rein atheistischen Standpunkt her begründen könnte, warum man sich Steine in den Weg legen sollte. Der Marxismus hat genau das auch getan. Allerdings hat der Marxismus vieles tief Menschliche falsch gedeutet (z.B. das Streben nach Privateigentum und freier Wirtschaft etc. pp.). Hätte er das NICHT getan und zugleich ein solches glorreiches Menschheitsziel aufgestellt, wie er es eben getan hat, ich glaube Menschen wären auch jetzt noch so opferfreudig wie vor vielen Jahrzehnten für den Marxismus. Sie würden sich ihm gegenüber wie gegenüber einer Religion verhalten.

Dazu müßte aber dann tatsächlich Familie im Mittelpunkt dieser Ideologie stehen und die Hochwertung derselben. Das war beim Marxismus in der Weise auch nicht der Fall.

Lebensfreude = Religiosität

... Und ich glaube, es ist dann in einer solchen quasi "gut-marxistischen" Gesellschaft die Lebensfreude, die sich einstellt, wenn ein ideologisches Gerüst die evolutionär-emotional vorhandenen Grundbedürfnisse des Menschen RICHTIG deutet, die dann bewirkt, daß die Menschen, die von einer solchen erfüllt sind, dieselbe dann sogleich auch als "quasi-religiös" empfinden.

Ein Mensch, der begeistert ist von dem Leben hier auf dieser Erde und in dieser seiner Gesellschaft, für den kann sehr vieles sehr schnell und plötzlich sehr, sehr wertvoll werden und damit quasi-religiöse Bedeutung bekommen. Er freut sich der Blumen, der Sonne und des Meeres und ist von einem tiefen Gefühl dessen erfüllt, das er als nicht so ganz "von dieser Welt" kommend empfindet.

So wird die menschliche Religiosität vor 200.000 Jahren auch das erste mal entstanden sein. Und erst später hat man ihr Namen gegeben und Geschichten um sie herum erfunden, als Menschen immer seltener von tiefer Lebensfreude erfüllt waren und sie sie wieder suchten, indem sie sich eben an diese gegenseitig erinnerten über das Geschichten-Erzählen, das Ausüben von Ritualen, das Schaffen von Kunst etc. pp..

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