Montag, 29. Oktober 2007

Gruppenselektion der Hauptfaktor der Humanevolution?

Die Watson-Angelegenheit hat doch noch viele weitergehende Diskussionen ausgelöst, hat viele Menschen auf einen "begrabenen Hund" aufmerksam gemacht, wie es scheint. Ich will nur kurz auf jene Diskussionen verweisen, die ich mitbeobachte, bzw. an denen ich mich mitbeteiligt habe in den letzten Tagen.

Zunächst hat es hier auf diesem Blog (Studium generale) unter diesem Eintrag inzwischen 19 Kommentare gegeben. In ähnlicher Weise habe ich mich auch an der Diskussion auf diesem Blog beteiligt. Und auch den Blog von Steve Sailer mitzulesen, ist unglaublich spannend. Im jüngsten Beitrag berichtet er darüber, wie Steve Rose, der forderte, Watson solle seine "hate speech" verboten werden, schon in den 1980er Jahren darum besorgt war, daß in der DDR (!!!) ein IQ-Genetiker arbeitete und veröffentlichte. Er schrieb an DDR-Wissenschaftler und bat diese darum, dem IQ-Genetiker Volkmar Weiß "das Handwerk zu legen". Die Stasi ließ sich das nicht zweimal sagen. Zum Glück arbeitet die heutige Stasi nicht mehr ganz so "unbekümmert" ...

Nun noch als Antwort zum letzten Diskussionsbeitrag von Bert- am besten liest man aber auch meine letzten Diskussionsbeiträge hier, um den Gesamtzusammenhang meiner Argumentation zu verstehen. Im Gespräch entwickeln sich die Gedanken oft viel intensiver und schneller:

Das mit den epigenetischen Prozessen will sehr beachtet sein, das ist sehr richtig. Wie ich in meiner letzten Voland-Rezension ausführte, nimmt Voland an, daß ein beträchtlicher Teil grundlegender psychischer Verhaltens- und Wahrnehmungsstrukturen durch prägungsähnliches Lernen erworben wird. Normalerweise trägt auch eine solche Art von Lernen zur Stablisierung von Zusammenhängen zwischen Genen und Kultur (bzw. auch zwischen Genen, [Kultur] und natürlicher Umwelt = Heimat) bei.

Wenn ich muttersprachlich auf eine bestimmte Kultur geprägt bin, wenn meine Heimatliebe, meine Geschlechterpsychologie auf bestimmte Weisen geprägt sind, werde ich weniger geneigt sein, mich auf andere Umwelten, Kulturen, "Geschlechterpsychologien" einzulassen als ohne eine solche Prägung.

Und das hinwiederum führt zu höheren Endogamie-Raten, letztlich zu Inzucht und zu Gruppen-Selektion, lokaler Humanevolution.

Es scheint (zumindest mir - und natürlich zahlreichen anderen), als sei tatsächlich die Humanevolution nicht im wesentlichen durch Individual-Selektion vorangetrieben worden, sondern durch Gruppen-Selektion, die durch eben genannte Vorgänge stabilisiert (bzw. vorgebahnt) worden ist.

Natürlich ist prägungsähnliches Lernen nicht vollkommen determinierend - bzw. im jeweiligen Gebiet in jeweils unterschiedlichem Ausmaß. Ich kann außer meiner Muttersprache, meiner Heimat, meiner Geschlechterpsychologie noch andere Sprachen, Landschaften, Geschlechterpsychologien "liebgewinnen". Und Menschen und Völker bspw. mit viel ADHS- (/Neugier-)Genen werden bereit sein, sich trotz starker Kindheits- und Jugendprägungen dennoch auf neue Umwelten, Kulturen einzulassen.

So kommt dann Dynamik hinein in Geschichte und Evolution. Denn durch das Aufeinandertreffen unterschiedlich angepaßter Kulturen und genetischer Strukturen siehe meine Beiträge hier) können (müssen nicht) kulturelle und genetische Wandlungs-Prozesse einsetzen.

Solches Aufeinandertreffen bewirkt - das ist eben nun einmal Gruppen-Selektion - auch das Aussterben von Gruppen. Davon könnte gegenwärtig die westlich-abendländische Kultur betroffen sein, nachdem schon die antik-griechische und -römische, die antik-punische und -phönizische und so viele andere Kulturen (Goten, Wandalen etc. pp., Perser, Sogder, Tocharer, Skythen, Ägypter ...) davon betroffen gewesen sind. Die Mainzer Anthropologin Ilse Schwidetzky, die bis 1945 in Breslau arbeitete, hat nicht ganz zufällig im Jahr 1954, also nach dem Zweiten Weltkrieg eine wissenschaftliche Studie herausgebracht über "Das Problem des Völkertodes", in dem sie eine Fülle von ausgestorbenen Völkern untersucht und die Gründe für ihren Untergang. Ein ähnliches Thema, das später Joseph A. Tainter (Collaps of Complex Societies) und Jared Diamond (Kollaps) wieder aufgegriffen haben: Leichen auf dem Weg der Gruppen-Selektion. Es ist die Frage, ob wir auch eine solche werden wollen.

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