Dienstag, 14. August 2007

Mit "Schönwetterbewaffnung" gegen 35.000 Panzer

Hitler und Mannerheim, Juni 1942

Im Jahr 1993 wurde in den "Vierteljahresheften für Zeitgeschichte" des renommierten "Instituts für Zeitgeschichte" in München ein sensationelles Geschichtsdokument veröffentlicht (1). Und zwar die Äußerungen, die Adolf Hitler am 4. Juni 1942 in einer Privatunterredung mit dem finnischen General Mannerheim über den Kriegsverlauf machte und seine Gedanken dazu (IFZ). Diese Tondokumente sind im Jahr 2007 (als dieser Blogartikel entstand) in verschiedenen Versionen im Internet original zugänglich gewesen. (Wie es darum heute, im Jahr 2012, steht, müßte noch einmal eigens recherchiert werden.) Hitler sagt darin unter anderem, daß er niemals auch nur auf den Gedanken gekommen wäre, daß die Sowjetunion im Juni 1941 über 35.000 Panzer hätte verfügen können. Und viele andere wichtige Dinge mehr, die den Kriegsverlauf aus seiner Sicht besser verstehen lassen. Zum Beispiel auch, daß die Deutschen bloß über eine "Schönwetterbewaffnung" verfügt hätten und verfügen würden. All solche Dinge hatte er natürlich nie öffentlich sagen können.

Diskutiert wurden diese Dinge unter anderem auch hier.

Ob es schon wissenschaftliche Interpretationen und Deutungen dieses Geschichtsdokumentes gibt? Man könnte folgende - vorläufige - Gedanken dazu äußern: Es wird deutlich, wie blind und hilflos dieser "große" Diktator ("Gröfaz") "von der Vorsehung geleitet" (!!!) von einem unvorhergesehenen Ereignis in das nächste taumelte, tappte und stolperte. Nichts von wegen großartiger, überlegener politischer oder militärpolitischer "Strategie". Zumindest aus seiner eigenen, wie es scheint sehr ehrlich geäußerten subjektiven Sicht. Es wird - letztlich - die ganze Hilflosigkeit dieses Mannes deutlich, wie sie von ihm selbst im Juni 1942 empfunden wurde. Er hoffte ja noch bis zum April 1945, daß "die Vorsehung" irgendeine Wende ("Wunderwaffe", Auseinanderbrechen der gegnerischen Kriegskoalition etc. pp.) für ihn parat hätte. Reines Wunschdenken. Im Ganzen: riesen große Schnauze und nichts dahinter.

Bemerkenswert übrigens auch die Zwischenbemerkungen Mannerheims, die an einer etwas anderen Stimme und dem nicht ganz richtigen Deutsch erkennbar sind.

Natürlich geben Hitlers Ausführungen auch viele Ausblicke auf die Politik der anderen Mächte, insbesondere der Sowjetunion. In aller Stille unternahm diese eine Aufrüstung von gigantischen, weltgeschichtlich einzigartigen Ausmaßen, ohne daß das in Europa überhaupt bekannt war. Noch nicht einmal Finnland ahnte etwas davon, obwohl es der erste Kriegsgegner der Sowjetunion war. Und tatsächlich wurde dann auch der Molotow-Besuch in Berlin von deutscher wie sowjetischer Seite als politische Erpressung empfunden: Stalin forderte die politische Vorherrschaft in Europa.

Von "friedliebender Sowjetunion" kann also keine Rede sein, schon wenn man sich den Nichtangriffspakt von 1939 ansieht, der praktisch Hitler die Freifahrkarte zum Kriegsbeginn in die Hand drückte.

"Bolschewisierung Osteuropas und Ostdeutschlands" als westliches Kriegsziel seit 1941

Dokumente aus dem britischen Foreign Office können übrigens aufzeigen, wie ich selbst vor zehn Jahren in meiner Magisterarbeit herausgearbeitet habe (2), daß diese sowjetische Vorherrschaft in Europa, bzw. Osteuropa von führenden Staatsmännern Großbritanniens oder auch der Tschechoslowakei (Eduard Bensch) sehr frühzeitig als das Ergebnis dieses Krieges vorausgesehen worden war, wenn nicht sogar sehr frühzeitig als wünschenswert angesehen und deshalb angestrebt worden ist. Zum Beispiel von allen "Hardlinern" rund um den Deutschenhasser Lord Vansittart im Foreign Office (Anthony Eden und seine Mitarbeiter).

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  1. Wegner, Bernd: "Hitlers Besuch in Finnland. Das geheime Tonprotokoll seiner Unterredung mit Mannerheim am 4. Juni 1942". In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte (VfZ), 41. (1993), S. 117 - 137
  2. Bading, Ingo:  Wie kam Stalin in die Mitte Europas? Vorarbeiten zu einer Neubewertung der politischen Geschichte des Zweiten Weltkrieges. Als Manuskript 1993, 2007

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