Sonntag, 4. März 2007

Nie wieder Krieg!


Der Autor dieser Zeilen ist Mitglied des "Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V." geworden.

Gründe dafür:

Bei dem Verhaltensforscher Irenäus Eibl-Eibesfeldt liest man, daß es bei einem traditionell lebenden polynesischen Volk einen sehr schönen Brauch gibt. In diesem Volk geht es oft sehr fröhlich, vielleicht auch überbordend-fröhlich zu. Die "Sitten" im Verhältnis zwischen den Geschlechtern sind nicht so streng reglementiert (gewesen), wie man das aus dem bigott-christlichen Europa kennt. So berichtet Eibl-Eibesfeldt, daß die Jungen und Mädchen oft Gruppentänze tanzen, in denen viele geschlechtliche Dinge recht eindeutig angedeutet werden, die also wirklich "sehr" ausgelassen und fröhlich sind.

Was aber solche Stammeskulturen vielleicht von modernen "Kulturen" unterscheidet, ist die Tatsache, daß auf dem Höhepunkt solcher Tanzveranstaltungen, bei größter Ausgelassenheit plötzlich und oft recht unvermittelt an die Toten erinnert wird und ein Tanz zum Gedenken an die Verstorbenen getanzt wird. Dadurch wird das Gleichgewicht zu dem notwendigen Ernst, den jede Gesellschaft in ihren Sozialbeziehungen und gegenüber dem Leben an sich benötigt, offenbar zu rechter Zeit immer wieder hergestellt.

Und man hat das Empfinden, daß diese Erinnerung an die Toten einem auch im persönlichen Leben immer wieder einmal gut tut - oder gut tun würde. Man hat auch das Gefühl, daß solches Politikern immer wieder einmal gut tun würde. Aber was hilft es, Dinge von Politikern zu verlangen, die auch die ganze übrige Gesellschaft immer wieder vernachlässigt?

Warum wird das hier publik gemacht?

Der Volksbund schreibt einem nun beim Senden der Mitgliedskarte - und dies ist der Anlaß dieses Eintrages hier: "Und noch eine kleine Bitte: Werben Sie bitte ein neues Mitglied. Der Volksbund braucht noch mehr Menschen wie Sie, die freiwillig helfen!" - So, und das möchte man dann doch auch gleich hier auf dem Netztagebuch tun.

Das Tolle ist:

Auf der Heimatseite des Volksbundes kann man "Gräbersuche Online" anklicken und dort Namen von Angehörigen der Familie oder der weiteren Verwandtschaft eintragen, von denen man weiß, daß sie im Ersten oder Zweiten Weltkrieg gefallen sind. Und man kann sich dann über die Grabstätte informieren. Wenn eine solche noch nicht bekannt ist, wird man, wenn man eine Email-Adresse hinterläßt, künftig informiert, falls der "Volksbund" in den nächsten Jahren Neues zu dem Schicksal eines Kriegsvermißten erfährt. Noch heute werden - zumal in Rußland - tausende von Vermißten-Schicksalen geklärt, tausende von Gräbern umgebettet.

Ein Beispiel:

Der Großonkel des Autors dieser Zeilen, Siegfried Lindenberg aus Großwusterwitz an der Havel, fiel 1943 als 18-Jähriger in Rußland. Da man als Kind seine Mutter, unsere "Tante Emma", immer gern gemocht hatte, weiß man, was mit dem Tod ihres Sohnes in so jungen Jahren für sie verbunden gewesen war. Ihr Sohn war ihr bis an ihr Lebensende immer gegenwärtig. - Er wurde nun nur provisorisch neben einem Frontlazarett begraben. Das konnte der Volksbund wohl den erhaltenen Wehrmacht-Unterlagen entnehmen. Ob seine Grabstätte aber erhalten ist und in welchem Zustand sie sich befindet, darüber liegen dem Volksbund derzeit noch keine Auskünfte vor, wie man freundlicherweise gleich schriftlich auf eine Internet-Anfrage hin mitteilte.

Erst seit dem Ende des Kalten Krieges ist ja eine umfangreichere Tätigkeit des Volksbundes in Osteuropa möglich. Und es haben dort noch Millionen deutscher Soldaten keinen endgültigen Begräbnisort gefunden. Was wohl würde unsere Tante Emma tun, wenn sie heute noch leben würde? Natürlich nach Weißrußland fahren und sein Grab suchen ...

Einweihung einer neuen Kriegsgräberstätte in der Nähe von Kursk

Man wird nun als Mitglied des Volksbundes (Beitrag nur 12 Euro pro Jahr) vierteljährlich über die Arbeit informiert. Und es sind da doch immer wertvolle Beiträge zu lesen. Diesmal zum Beispiel über die Feierstunde im Deutschen Bundestag am Volkstrauertag, zu der die Bundeskanzlerin sprach, und zu der der Autor Arno Surminski aus einem seiner Bücher las. (Stimme & Weg 1/2007, S. 3 -5) Die Kultusministerkonferenz hat die wertvolle und erfolgreiche Jugendarbeit des Volksbundes jüngst ausdrücklich gewürdigt. (S. 25) Ein Bericht handelt von der Einweihung einer neuen Kriegsgräberstätte in der Nähe von Kursk, wo im Jahr 1943 schreckliche Kriegshandlungen stattgefunden haben ("Panzerschlacht von Kursk"). (S. 11) Abschließend soll der Anfang des zuletzt genannten Berichts hier gebracht werden:

" 'Wir legen Kränze nieder für jene, die ihre Heimat verteidigt haben, und für jene, die der Krieg zum sinnlosen Sterben in ein fremdes Land führte,' sagt Volksbund-Präsident Reinhard Führer zu den Teilnehmern des ersten Veteranentreffens im Kursker Gebiet. Die ehemaligen Kriegsteilnehmer kommen aus der Russischen Föderation, Weißrußland, der Ukraine und Deutschland. Im Herbst 2006 erleben sie eine bedeutungsvolle und freundschaftliche Begegnung im Zeichen der Versöhnung. Hier im Kursker Bogen wurde das Leben der Kriegsteilnehmer geprägt. Alles ist lang her. Doch die Besuche an den historischen Orten vergangener Schlachten lassen die Erinnerung aufleben.

Als die Gruppe schließlich den neuen Soldatenfriedhof Besedino erreicht, erzählt Hans Hensellek vom Tod seines Freundes: 'Im Juni 1943 gingen wir an der Ostfront im Raum Belgorod in Stellung. Unsere Aufgabe war die Verteidigung der linken deutschen Flanke. Doch das Trommelfeuer der sowjetischen Truppen zwang uns zum Rückzug. Nachts flogen sowjetische Flugzeuge über unsere Köpfe und warfen Leuchtbomben ab. Dann begann das gezielte Feuer. Während des Sturmangriffs fiel mein Freund Robert Kanz. Vor meinen Augen traf ihn ein kleiner Granatsplitter ins Herz. Robert war sofort tot. Es ist schwer, sich an all das zu erinnern - auch nach so vielen Jahren.' "

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