Donnerstag, 22. März 2007

Eine Kultur ohne Zynismus

Im "Epilog" des im vorigen Beitrages behandelten Buches über die Amish-People wird von Autor Peter Ester der Versuch gemacht, einiges Wesentliche auf den Punkt zu bringen. Nur ein stark gekürzter Auszug, um einen Eindruck zu vermitteln:

"Früher oder später stellt sich die Frage, was wir von den Amish lernen können. (...) Man kann nicht 'ein bischen' Amish sein, es ist alles oder nichts. Dennoch bietet die Amish-Lebensweise jedem etwas nach seinem Geschmack. Das progressive Amerika rühmt (...). Die Umweltbewegung ist beeindruckt (...). Landwirtschaftsexperten imponiert (...). Gesundheitsapostel (...) und Pädagogen sind (...) angetan. Politiker staunen (...) Der Wohlfahrtssektor ist (...) fasziniert (...). Moralisten verschiedener Schattierungen sind von der Tatsache ergriffen, daß Kriminalität, Drogen, Alkoholismus, Selbstmord, Ehescheidung und Abtreibung in der Amish-Gesellschaft nahezu unbekannte Phänomene sind. Touristen sind entzückt (...). Viele Intellektuelle, darunter auch ich, empfinden es wie ein wohltuendes Bad, eine Kultur kennen zu lernen, in der Zynismus gänzlich fehlt, in der Werte und Verhalten eng aufeinander bezogen sind, verbale Glanzleistungen nicht geschätzt werden, poröse und ärmliche Intellektualisierung von Problemen entlarvt wird und Kommunikation mit doppeltem Boden fehlt. Kultursoziologen schließlich sind (...) gefesselt (...)." (S. 169f)

Wenn sich eine Kultur wie die heutige westliche für Zynismus entscheidet, erhält sie halt auch Zynismus. Aus einem modernen naturalistischen Weltbild folgt eine solche Haltung meiner Meinung nach ganz und gar nicht zwangsläufig.

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