Sonntag, 5. Februar 2017

8.000 Jahre lange genetische Kontinuität eines Fischervolkes in Ostsibirien

Im Fernen Osten Rußlands leben viele, zum Teil uralte, eingeborene Völker, man nennt sie auch "indigene" Völker. Am bekanntesten sind die Ewenen und Ewenken in Sibirien, Rentierzüchter. Aber es gibt weiter südlich und nördlich der Grenze zu China noch viele andere kleine Völker. Im Amur-Tal im Norden der Grenze zu China, nördlich von Wladiwostok lebt in der Region von Khabarovsk (Abb. 1) auch das Volk der Ultschen (Wiki) (engl.: "Ulch people"). Zu ihm gehören heute nur noch etwas über 2000 Menschen.

Abb. 1: Der Fluß Amur mit der Regional-Hauptstadt Khabarovsk (Ersteller: Kmusser von Wiki)

Und nun wurde herausgefunden (1, 2), daß ihre genetischen Vorfahren schon 5.700 v. Ztr. wenige hundert Kilometer weiter südlich an der heutigen Nordgrenze Koreas lebten. Jene Völker, die 5.700 v. Ztr. in Mittel- und Nordeuropa lebten (Ertebolle-Kultur an der Ostsee, Mesolithiker in Mitteleuropa, Bandkeramiker), sind heute schon lange ausgestorben! (Wie in den letzten Jahren ebenfalls durch ancient-DNA-Forschung herausgekommen ist.)

Dort aber, in einer abgelegenen Region am Amur-Fluß, hat sich ein so altes Volk in direkter genetischer Kontinuität erhalten.

Natürlich: Die Buschleute in Südafrika, die Andamanen auf den nach ihnen benannten Inseln und die australischen Ureinwohner sind heute noch ältere Völker. Aber allmählich erhalten wir ein plastisches Bild von dem Werden der heutigen Völker: Inmitten alter und sehr alter Völker entstanden - plötzlich - neue und breiteten sich aus. Von diesen übernahmen übrigens die Ultschen auch den Ackerbau.

Auch eine solche bloß kulturelle Ausbreitung einer neuen Lebensform wurde für Europa lange Jahrzehnte lang von Archäologen, Sprachforschern und Genetikern (Luigi Cavalli-Sforza) angenommen. Sie ist aber inzwischen widerlegt. Das heißt nicht, daß eine rein kulturelle Ausbreitung einer neuen Lebensform bei Aufrechterhaltung genetischer Kontinuität völlig unmöglich ist. Sie ist aber eher der Ausnahmefall als die Regel in der Kulturgeschichte der Menschheit.

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  1. Veronika Siska, Eppie Ruth Jones, Sungwon Jeon, Youngjune Bhak, Hak-Min Kim: Genome-wide data from two early Neolithic East Asian individuals dating to 7700 years ago. In: Science Advances. Band 3, Nr. 2, 1. Februar 2017, S. e1601877, doi:10.1126/sciadv.1601877, https://advances.sciencemag.org/content/3/2/e1601877 (frei zugänglich) 
  2. Ancient women found in Russian cave were close relatives of today’s indigenous population. Science Magazine, 2017, http://www.sciencemag.org/news/2017/02/ancient-women-found-russian-cave-were-close-relatives-today-s-indigenous-population