Samstag, 23. August 2014

Die Schnurkeramiker brachten die Tierhaltung nach Finnland (2.500 v. Ztr.)

Da es in der deutschen Wissenschafts-Berichterstattung mehrfach falsch oder höchst un- und mißverständlich dargestellt wird (Spektr. d. Wiss., Bild d. Wiss.), hier noch einmal der Hinweis: 

Laut einer neuen Studie (1) gab es lange Jahrtausende in Südfinnland, im Baltikum und bis zum Don die seßhafte Kultur der Grübchenkeramik (engl. "Comb Ware culture")(Wiki), die - wie die Ertebolle-Kultur anderwärts im Ostseeraum - vor allem vom Fischfang, von der Jagd und vom Sammeln lebte und die noch keine Tierhaltung und keinen Ackerbau kannte.

Abb. 1: Ländliche Gegend in Finnland (Fotograf: Petri Tapola, Wiki)

Die sonst im Ostseeraum verbreitete Trichterbecherkultur, die die Ertebolle-Kultur ablöste, z. T. auch die Grübchenkeramik, kam nie nach Finnland. 

In Finnland wurden die Rinderhaltung und - wahrscheinlich - auch Ackerbau erst eingeführt dadurch, daß die sich weit über Ost- und Mitteleuropa bis nach Skandinavien verbreitenden Schnurkeramiker um 2.500 v. Ztr. auch nach Finnland kamen. In ihrer Keramik verkochten sie Fett, das aus Tierproduktion stammte (Milch und Fleisch), und das die Wissenschaftler nachweisen konnten.

Mit dem Ackerbau der Bandkeramik jedoch, wie das in einigen Berichten anklingt, hatte Finnland nie etwas zu tun. Und auch die Grübchenkeramik, die sich bis zum Don erstreckte, hatte mit domestizierter Tierhaltung offenbar nichts zu tun.

Heute gehören die Finnen zu den Völkern mit dem höchsten Prozentsatz an erblichen Rohmilch-Verdauern im Erwachsenenalter. Das neue Forschungsergebnis macht damit deutlich, daß sich die Gene für diese Eigenschaft durch die Schnurkeramiker in Europa ausgebreitet haben und durch diese auch nach Finnland gekommen sind und daß sie sich dort bis heute als vorherrschend gehalten haben, auch nachdem nach dem Untergang der schnurkeramischen Kultur in Finnland eine Mischkultur mit Elementen der Grübchenkeramik und mit Elementen der Tierhaltung weiter existierte (s.a. 2).

Eines erscheint jedenfalls einigermaßen sicher: Von der benachbarten Trichterbecher-Kultur werden die Finnen das Gen für die Rohmilch-Verdauung im Erwachsenenalter nicht haben. Ob nicht auch dieser Umstand erneut die große Bedeutung der indogermanischen Wanderungen im Endneolithikum und in der Frühbronzezeit (in der "Kupferzeit") deutlich macht?



/leicht ergänzt: 10.3.17/
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  1. Lucy J. E. Cramp: Neolithic dairy farming at the extreme of agriculture in northern Europe. Proc. Roy. Soc. B, 22.9.2014, http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/281/1791/20140819.full
  2. Khan, Razib: On the limes of the modes of production. 2014, http://www.unz.com/gnxp/on-the-limes-of-the-modes-of-production/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=on-the-limes-of-the-modes-of-production