Sonntag, 6. November 2022

Die Rolle der Indogermanen in der Geschichte der Cucuteni-Tripolje-Kultur (ab 4.700 v. Ztr.)

Indogermanen als Mitbewohner der "Megasites" in der Ukraine
- Steppen-Hirten lebten schon früh innerhalb der reichen bäuerlichen Siedlungen
- Ein isolierter Oberarm-Knochenfund aus der Zeit um 4.000 v. Ztr. westlich des Dnjepr macht die Archäologen diesbezüglich sicherer

Einzelne Siedlungen der Cucuteni-Tripolje-Kultur (4.900 bis 3.000 v. Ztr.) (Wiki) waren so groß, daß sie von der Forschung "Megasites" genannt werden. Sie umfaßten die Einwohnerschaft des mittelalterlichen London (6). Die Menschen dieser Kultur waren aus der anatolisch-neolithischen Völkergruppe hervorgegangen, nachdem ihre Vorgänger-Kultur am Osthang der Karpaten, die Bandkeramik, daselbst untergegangen war. Von diesen Osthängen der Karpaten aus breitete sich das neue Volk dann überraschend zügig bis zum Dnjepr aus (Stgen2021).

Abb. 1: Tierfigurine der Cucuteni-Tripolje-Kultur in Moldawien und der Ukraine (aus: 6)

Von Osten her hat sich zu ähnlicher Zeit das Urvolk der Indogermanen, die Chwalynsk-Kultur (4700 bis 3800 v. Ztr.) (Wiki), von der Mittleren Wolga nach Westen bis zum Dnjepr ausgebreitet - und weit darüber hinaus. Sie waren vermutlich die ersten "vollberuflichen" Krieger der Menschheitsgeschichte. Sie waren entstanden als sich Bauernkulturen vom Nordufer des Kaspischen Meeres aus zu beiden Seiten der Wolga Richtung Norden ausbreiteten. Dort trafen sie auf Menschen der Völkergruppe der osteuropäischen Fischer, Jäger und Sammler. Aus der je hälftigen Vermischung beider Völker entstand das Urvolk der Indogermanen, ein völlig neues Volk, das sich von der Mittleren Wolga aus dann sehr zügig nach Süden über den Kaukasus hinweg bis nach Armenien (Stgen2022) ausbreitete, sowie nach Bulgarien und - "sporadisch" - nach Nordgriechenland, sowie die Donau aufwärts bis nach Ungarn. 

Am Dnjepr bei Kiew sind diese beiden großen Kulturen - die bäuerlich-städtische Siedler-Kultur aus den Karpaten und die kriegerische Hirten-Kultur von der Wolga - aufeinander getroffen. 40 Kilometer südlich des heutigen Kiew, nahe der heutigen Ortschaft Tripolje am Dnjepr, wurde 1897 eine der ältesten Städte dieser Kultur, sowie der Menschheit insgesamt ausgegraben. Sie hatte einstmals zehn- bis zwanzigtausend Einwohner. Sie bildete zwischen 4.700 und 4.000 v. Ztr. einen der östlichsten "Vorposten" dieses Volkes.

Auf der anderen, östlichen Seite des Dnjepr und weiter bis zum Don trat das Urvolk der Indogermanen in Form der Sredny-Stog-Kultur (4.700 bis 3.300 v. Ztr.) (Wiki, engl) auf, eine Kultur, die Elemente der Hirten-Kultur mit Elementen bäuerlicher Kultur vermischte.

Bisherige Sichtweise hier auf dem Blog

In früheren Beiträgen hier auf dem Blog (erschienen seit 2017) hatten wir es schon als sehr wahrscheinlich erachtet, daß der kulturelle und genetische Einfluß der indogermanischen Steppenkultur auf die bäuerliche Cucuteni-Tripolje-Kultur und umgekehrt älter und umfangreicher gewesen sein könnte als man das in der Forschung - und besonders betont in der westlichen - in den letzten Jahrzehnten hat annehmen wollen. Archäologen in Moldawien (Dergachev) und - wie wir gleich sehen werden auch in der Ukraine - sehen das schon seit längerem weitaus differenzierter. In früheren Beiträgen hier auf dem Blog war uns dieser Einfluß unter anderem erkennbar an der gleichmäßigen Verteilung eines Steppengenetik-Herkunftsanteiles in sequenzierten Skeletten aus dem Kernraum und westlichen Teil der Cucuteni-Tripolje-Kultur während des 4. Jahrtausend v. Ztr.. Er war uns erkennbar außerdem anhand der Studien von Dergachev zur geographischen Verteilung von indogermanischen Tierkopf-Zeptern, sowie an der Verteilung der Häufung von Pfeilspitzen-Funden als Hinweise auf kriegerische Aktivitäten rund um Siedlungen, sowie anhand der immer wieder wechselnden Siedlungsverteilung zwischen den Karpaten und dem Dnjepr (Stgen2021).

Etwas anderes als eine solche Mitbeteiligung der Indogermanen würde ja auch gar nicht mehr passen zu dem sonstigen großen Bild der Süd- und Westausbreitung der Chwalynsk-Kultur ab 4.700 v. Ztr., das durch die Archäogenetik der letzten Jahre gewonnen worden ist. Darauf wird allerdings - nebenbei gesagt - auffallend wenig in der Wissenschaftsberichterstattung hingewiesen, obwohl die grundlegende weltgeschichtliche Bedeutung der Entstehung und frühen Geschichte der indogermanischen Völkergruppe, aus der die westliche Kultur hervorgegangen ist, ja im Grunde unübersehbar ist. Aber das sei nur am Rande bemerkt.

Abb. 2: Aufbewahrungsbehälter in Form eines Stiers aus der Cucuteni-Tripolje-Kultur, Nationalmuseum für die Geschichte Moldawiens in Chisinau (Wiki), Fotograf Cristian Chirita

Auf jeden Fall finden wir unsere genannte Annahme nun bestätigt in einer Preprint-Studie vom 1. November 2022 von Seiten von Archäogenetikern rund um David Reich in Zusammenarbeit mit dem Kiewer Archäologen Mykhailo Videiko (Res, Acad) (1, 2, 6).

Die Sredny-Stog-Kultur wird im allgemeinen als die Herkunftskultur der nachfolgenden großen indogermanischen Jamnaja-Kultur angesehen. Von dieser wiederum scheinen sowohl die antiken Griechen wie auch die antiken Armenier ihre indogermanische Sprache, Religion und Kultur bekommen zu haben (sowie in unterschiedlichen, geringeren Anteilen ihre Genetik). Zugleich aber nun hat diese Jamnaja-Kultur auch die Cucuteni-Tripolje-Kultur in der Ukraine und andere bäuerliche Kulturen auf dem Balkan unterworfen und "beerbt". (Immerhin hat die Cucuteni-Tripolje-Kultur in der sogenannten "Nach-Cucuteni-Tripolje-Kultur" in verschiedenen Enklaven noch Jahrhunderte lang fortgelebt, was auch ein interessanter Umstand sein dürfte, der von dem Archäologen Videiko auch schon thematisiert worden ist ein einer seiner Studien.)

Auf die Sredny-Stog-Kultur waren wir hier auf dem Blog schon verschiedentlich zu sprechen gekommen. Allerdings hatten wir jeweils widersprüchliche Aussagen zu ihr zu referieren gehabt. Einmal wurde sie vornehmlich der anatolisch-neolithischen Völkergruppe zugesprochen von Seiten der Archäogenetiker (Stgen2017). Ein anderes mal war sie von ihnen vornehmlich der Völkergruppe der Urindogermanen zugesprochen worden (Stgen2020, Stgen2022). Welche komplexeren (?) genetischen und kulturellen Verhältnisse hier nun wirklich vorliegen, wird wohl erst die künftige Forschung abschließender klären können.

Menschliche Überreste aus der Cucuteni-Tripolje-Kultur sind von der Forschung bislang nur sehr selten gefunden worden. Deshalb tut sich die Archäogenetik weiterhin schwer, zuverlässige und insbesondere lückenlose Aussagen zur Geschichte derselben zu treffen. 

Ein Oberarm-Knochen dreißig Kilometer westlich des Dnjepr

2006/07 fand 40 Kilometer südlich von Kiew (südlich von seinem Zentrum, 25 Kilomter südlich von seinem Stadtrand), sowie 30 Kilometer westlich des Dorfes Tripolje am Dnjepr die Ausgrabung einer weiteren, 15 Hektar großen Siedlung der Cucuteni-Tripolje-Kultur statt, 2016 gab es zu dieser noch eine Nachuntersuchung von Seiten der Universität Kiel (1). 

Hier wurde nun in einem für diese Kultur typischen "verbrannten Haus" isoliert für sich der Oberarm-Knochen einer Frau gefunden, für die in der neuen Studie reine indogermanische Steppengenetik nachgewiesen werden kann (1). Denn aus ihm konnten archäogenetische Daten gewonnen werden, ebenso wie chemische Isotopen-Daten, die Hinweise auf die Ernährung der Frau lieferten. Die chemische Signatur des Oberarmknochens dieser Frau entspricht zugleich auch der Ernährung von Hirten, nicht von seßhaften Bauern (1). Das würde heißen, daß Angehörige der indogermanischen Sredny-Stog-Kultur um 4.000 v. Ztr. dreißig Kilometer westlich des Dnjepr unvermischt gelebt haben und zu Tode gekommen sind.

Abb. 3: Eine Großsiedlung (Megasite) der Cucuteni-Tripolje-Kultur aus Sicht des Künstlers (aus: 6)

Der Ausgrabungsort "Kolomiytsiv Yar Tract", an dem dieser Oberarm-Knochen gefunden wurde, liegt nahe des heutigen ukrainischen Dorfes Kopatschiw (Oblast Kiew, Ukraine, 08715) (s. G-Maps).

In der Einordnung der neuen Erkenntnisse schreibt der archäologische Koautor Mykhailo Videiko in Kernsätzen (1):

Enge Kontakte zwischen Tripolje und Sredny Stog begannen schon am Ende der Tripolje A-Zeit (um 4.700 bis 4.600 v. Ztr.) und setzten sich durch das ganze Spätneolithikum hin fort (Kotova 2013). Archäologisch zeigt sich wechselseitiger Einfluß von Sredny Stog und Tripolje auf die jeweilige kulturelle Entwicklung des anderen. Siedlungen der Dereivka-Gruppe des Sredny-Stog-Horizonts wie Dereivka II und Mlyukhiv Bugor zeigen Hinweise auf bäuerliche Praktiken, die von den benachbarten Tripolje-Gruppen beeinflußt sein könnten (Kotova 2013). Der Einfluß der Sredny Stog auf die Tripolje-Kultur zeigt sich am deutlichsten in Sredny Stog-Keramik-Motiven in der Tripolje-Keramik.
Close contacts between Trypillia and Sredny Stog began as early as the end of the Trypillia A period (ca. 4700-4600 BCE) and continued throughout the Eneolithic (Kotova 2013). Archaeological evidence shows reciprocal influence of Sredny Stog and Trypillia on each other’s cultural development. Settlements of the Deriivka group of the Sredny Stog horizon such as Deriivka II and Molyukhiv Bugor contain evidence of agricultural practices, likely influenced by the neighboring Trypillian groups (Kotova 2013). The influence of Sredny Stog on Trypillian culture is most evident in the presence of Sredny Stog ceramic motifs in Trypillian pottery.

Welche genauen Unterschiede die Archäologen zwischen der einheimischen und auswärtigen Keramik sehen, wünschte man sich noch einmal in einem Video erklärt. Wir wollen dem an dieser Stelle nicht nachgehen. Aber es sind das sehr aufregende Erkenntnisse, da sie das Bild, das wir uns bislang von dieser Zeitepoche in diesem geographischen Raum gemacht hatten, noch deutlich ergänzen und präzisieren. Von einer so konkreten Durchdringung beider Kulturen hatten wir in bisherigen archäologischen Studien - abgesehen vielleicht von den sprachlich schwer zugänglichen von Dergachev - noch nicht gelesen. Das liegt aber wohl hauptsächlich an der Sprachbarriere. Es wird weiter ausgeführt (1):

Die Haushaltskeramik der Tripolje-Kultur unterscheidet sich von der anderer Keramiktypen durch die Zusammensetzung des Tons, bzw. Lehms in der Weise, daß in diesen gelegentlich zerriebene Flußmuscheln eingemischt wurden, ebenso wie durch die Form der Töpfe und Schüsseln, sowie der Methode, mit der sie ornamental geschmückt wurden durch Eindrücke von Kämmen oder anderen Vertiefungen. Dieser Haushaltskeramik-Stil wird "Cucuteni C"-Typ genannt. Cucuteni C-Keramik wird als Indikator für Steppen-Einfluß auf die Tripolje-Keramik angesehen (Burdo 2016).
Trypillian kitchenware is distinctive from other ceramic types by the composition of clay, which occasionally included crushed river shells, as well as by the shape of vessels (pots and bowls) and the method of applying ornamental compositions using stamping such as imprints of comb and pits (Figures S3, S4). This kitchenware ceramic style is known as the “Cucuteni C” type. Cucuteni C ceramics is considered an indicator of the steppe influence on Trypillian ceramics (Burdo 2016).

Das erinnert auch daran, daß Flußmuscheln (die "Malermuschel") in der Chwalynsk-Kultur an der Wolga eine nicht geringe Rolle gespielt hat. In der englischsprachigen Zusammenfassung des zitierten Aufsatz von Nataliia Burdo aus dem Jahr 2016 heißt es (3):

Funde der Sredny-Stog-Kultur innerhalb von Siedlungen der Cucuteni-Tripolje-Kultur gibt es unzählige. Solche Siedlungen verteilen sich über ein großes Gebiet vornehmlich im westlichen und nicht im östlichen Teil nahe des Gebietes der Sredny-Stog-Kultur. In der Zeitstufe Tripolje B1-B2 - Cucuteni A-B stammen die meisten Funde in der der lokalen Gruppe von Soloncheny.
Samples of Serednyi Stig Culture from Cucuteni-Trypillia sites are innumerous. These sites are distributed on large area, but mainly in the western rather than eastern part, close to the Serednii Stig Culture area. For Trypillia B1-B2 - Cucuteni A-B stages the most of finds come from sites of the Soloncheny local group.

Es gibt davon sogar unzählige. Merkwürdig, daß man davon erst jetzt erfährt. Der angeführte Ausgrabungsort Solonceni (Wiki, engl) liegt am Dnjestr (Tyra) in Moldawien, 370 Kilometer südlich von Tripolje am Dnjepr. Und dazu lesen wir weiter (3):

In Siedlungen vom Typ Soloncheny und Myropillia weist diese Keramik am meisten Ähnlichkeit mit Steppen-Keramik auf, soweit es Technologie, Stil und zum Teil die Form der Gefäße betrifft. Einige mögen tatsächlich von Trägern der Sredny-Stog-Kultur produziert und importiert worden sein. Aber das Auftreten von Cucuteni C-Keramik zu dieser Zeit veränderte ansonsten die ursprünglichen Tripolje-Cucuteni-Traditionen nicht und der Einfluß der Sredny-Stog-Kultur war begrenzt. (...) Andererseits: Cucuteni C-Keramik war das hauptsächliche gemeinsame Merkmal von Keramik-Sammlungen über das gesamte Gebiet des Volkes der Cucuteni-Tripolje-Kultur hinweg. Die angemessendste Deutung dieses Umstandes ist die, daß die Verbreitung der Cucuteni C-Keramik eher Stammes-Beziehungen als bloßen kulturellen Austausch widerspiegelt.
At the Soloncheny and Myropillia sites this pottery is most similar to Steppe samples in terms of technology, stylistics and, partly, forms of pots. Some of samples may have been really imported of produced by the bearers of Serednii Stig Culture. But the appearing of Cucucteni C pottery at this time did not change the original Trypillia-Cucuteni traditions and the Serednii Stig Culture influence was limited. The use of cord decorations from BII stage may have been connected  with the influence of Chernavoda I Culture. On the other hand, the Cucuteni C pottery was the main common feature of pottery assemblages at whole area inhabited by the Cucuteni-Trypillia people. The most realistic point of  view is that the spreading of Cucuteni C pottery reflected more tribal than intercultural relations.

Mit "Stammes-Beziehungen" soll offensichtlich gesagt werden, daß sich die Keramik gemeinsam mit den zugehörigen Menschen ausgebreitet hat, daß also über die gesamte Fläche der Cucuteni-Tripolje-Kultur - und zwar beginnend im Westen! - Angehörige indogermanischer Stämme der Stredny-Stog-Kultur aufgetreten sind. Und das ist ja auch schon von Dergachev angenommen worden.

2018 haben Videiko und Burdo dann gemeinsam in einem kleinen Aufsatz mit Bezug auf ihre Ausgrabungen bei Kolomyitsiv Yar auch noch einmal geschrieben (5):

Zur selben Zeit haben neue Siedler einige Keramik-Traditionen der Stog-Kultur übernommen. Wir meinen Formen und Dekorationen der "Küchen"-Keramik, die durch die Glättung der inneren Oberfläche der Schüsseln entstand (mit "echtem" eingeritzten Tripolje-Dekor auf der Außenseite!). Vielleicht bedeutet das, daß in die lokale Gemeinschaft auch einige Angehörige der Stog-Population mit einschlossen war.
At the same time new settlers adopted some pottery traditions from Stog Culture. We are talking about forms and decoration of “kitchen” pottery, processing by smoothing the interior surface of the pots (with “true” Trypillia carved decor on the other side!) (fig. 2:6). Probably it means that local communities included some part of Stog population.

Und genau dieser Umstand wird nun durch die Archäogenetik aufs Genaueste bestätigt. Der in Kolomyitsiv Yar  gefundene Oberarm-Knochen wird auf die Zeit 4.000 bis 3.800 v. Ztr. datiert. Ihr mitochondrialer, nur über die mütterliche Linie weitergegebener Haplotyp verweist auf Herkunft von der Vorfahrengruppe der osteuropäischen Jäger und Sammler (1):

.... mtDNA haplogroup U4b1b2. Träger der U4b-Untergruppe sind identifiziert worden bei mesolithischen und neolithischen Fischern und Sammlern der Ukraine, aus der Gegend des Eisernen Tores an der Donau, sowie an der Ostseesküste. Die U4-Untergruppe bestand im Mittleren Dnjepr-Tal (...) bis ins Spätneolithikum.
Genetic analysis revealed that the individual was a female, carrying mtDNA haplogroup U4b1b2 (Table 2). Carriers of the U4b subclade were identified in Mesolithic and Neolithic fishers and foragers from Ukraine, the Iron Gates area of the Danube, and the Baltic coast (Mathieson et al. 2018). The U4 mtDNA clade was present in the Middle Dnipro Valley from the beginning of the Holocene and persisted in the North Pontic steppe through at least the late Eneolithic (Nikitin et al. 2017a; Mathieson et al. 2018; Allentoft et al. 2022; Mattila et al. 2022).

Die mitochondriale Haplogruppe fand sich schon bei anderen Individuen aus der Endzeit der Cucuteni-Tripolje-Kultur, bei denen ebenfalls schon ein erhöhter Steppen-Genetik-Anteil festgestellt worden war. Besonders viel autosomale DNA hat man aus diesem Knochen nicht gewinnen können. Doch die wenige, die man gewonnen hat, zeigt - ebenfalls - genetische Nähe zu Jamna-Individuen (1):

Der Knochenfund von KYT liegt genetisch in der Nähe der Jamna-Herdenhalter der Frühen Bronzezeit. Er hat mehr Herkunft von der frühen Steppe als jeder heute (in Westeurasien) lebende Mensch. Aber er unterscheidet sich stark von mesolithischen und neolithischen Jägern und Sammlern, sowohl von den osteuropäischen und mehr noch von Menschenfunden aus dem Mesolithikum in Serbien (Eisernes Tor), die genetisch vornehmlich westeuropäische Jäger-Sammler-Herkunft aufweisen.
The KYT sample (marked as SSX in Figure 3) falls close to Yamna pastoralists of the EBA. KYT-SSX has more ancestry from the ancient steppe than any modern West Eurasian sample, but is very distinct from Mesolithic-Neolithic hunter-gatherers, either Eastern Hunter Gatherers (EHG) or even more so samples from the Mesolithic in Serbia (Iron Gates) which are genetically primarily of Western Hunter Gatherer (WHG)-associated ancestry.

Abschließend wiederholen die Forscher noch einmal (1):

Das weit verbreitete Vorhandensein von Cucuteni C-Keramik in Tripolje-Siedlungsorten der frühen mittleren Zeitepoche, einschließlich Verteba legt nahe, daß die Sredny-Stog-Tripolje-Interaktionen umfangreich waren, wodurch es ebenso vielfältige Möglichkeiten für genetischen Austausch zwischen den beiden kulturellen Gruppen gegeben hat.
The widespread presence of Cucuteni C pottery at Trypillian sites of the early-middle period, including Verteba, suggests the Sredny Stog-Trypillia interactions were extensive, thus providing multiple opportunities for biological interactions between the two culture groups as well.

Genau solche Aussagen hatte uns in früheren archäogenetischen Studien zur selben Thematik noch gefehlt.

Insgesamt drängt sich ja damit jetzt immer mehr der Eindruck auf -  da es um 4.000 v. Ztr. noch genetisch unvermischte Indogermanen in einer Siedlung der Tripolje-Kultur nahe des Dnjepr geben konnte - daß die genetische Einmischung der Steppenkultur dort auch vergleichsweise spät erfolgt sein kann im Vergleich zu anderen Gebieten dieser Kultur viel weiter westlich. Es drängt sich der Eindruck auf als ob es auch sehr vielfältige individuelle "Regionalgeschichten" innerhalb der Cucuteni-Tripolje-Kultur gegeben haben könnte im Austausch mit den jeweiligen Indogermanen vor Ort, die vermutlich jeweils vor Ort aus dem Süden, aus der Steppe gekommen sein werden.

_______

  1. Interactions between Trypillian farmers and North Pontic forager-pastoralists in Eneolithic central Ukraine. Alexey G. Nikitin, Mykhailo Videiko, Nick Patterson, Virginie Renson, David Reich bioRxiv 2022.10.31.514526; doi: https://doi.org/10.1101/2022.10.31.514526, 1.11.2022, biorxiv; inzwischen begutachtet und endgültig erschienen: Nikitin AG, Videiko M, Patterson N, Renson V, Reich D (2023) Interactions between Trypillian farmers and North Pontic forager-pastoralists in Eneolithic central Ukraine. PLoS ONE 18, e0285449, 14.6.2023 (pdf).
  2. Mykhailo Videiko on History of Ukraine From Trypillian to Rus, 5.3.2022, https://youtu.be/2Pw3lTzB0jY
  3. Kotova, N.S. 2013. Dereivskaya kul’tura i pamyatniki Nizhnemikhaylovskogo tipa. Kiev, Kharkov: Maidan [Dereivskaya culture and monuments of the Nizhnemikhailovskiy type]
  4. Burdo, N.B. 2016: The Cucuteni C pottery in the Cucuteni-Trypillia cultural complex (Formulation of the problem and a brief historiography) - Керамика «типа Кукутень С» в керамических ансамблях культурного комплекса Кукутень-Триполье (Постановка проблемы и краткая историог. Tyragetia X [XXV]: 7-38 (Acad)
  5. Videiko, Mykhailo; Burdo, Nataliia: Life on the Eastern frontiers of Old Europe. In: Vita Antiqua, 2018 (Acad
  6. Kovtun, Valeria; Sarkis, Christine: Trypilla civilisaion - Silenced by communists. BBC, August 2021, https://youtu.be/3IpCTtmrDfM, https://www.bbc.com/travel/article/20210805-cucuteni-trypillia-eastern-europes-lost-civilisation

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