Sonntag, 14. Dezember 2014

Wie kam das Ursprungsvolk der Bantu-Völker zum Ackerbau?

Historische Erläuterungen und Ergänzungen zum vorigen Blogartikel

Abb. 1: Die großen Sprachfamilien in Afrika (Herkunft: Wiki)
Die Geschichte der afrikanischen archäologischen Kulturen, Völker und Sprachen, die schon im letzten Beitrag (Stud. gen. 2014) behandelt wurde, ist eine sehr spannende. So findet sich in einer neuen Studie der von uns sehr geschätzten britischen Anthropologin Ruth Mace der Hinweis, daß das Ursprungsgebiet aller Bantu-Sprachen im Tal des Benue-Flusses im östlichen Nigeria liegt (1):
Von ihrer Urheimat im Benue-Tal in Ostnigeria vor 3.000 bis 5.000 Jahren, unternahmen die Bantu eine der großen bäuerlichen Besiedlungen des Neolithikums, indem sie wahrscheinlich einen Grasland-Korridor benutzten, der durch den Regenwald in Kamerun eröffnet war.
From their ancestral homeland in the Benue valley in Eastern Nigeria 3,000–5,000 BP, possibly using a grassland corridor that opened up through the Cameroon rainforest, the Bantu undertook one of the great farming expansions of the Neolithic.
Geht man nun der Herkunft des Ursprungsvolkes der Bantuvölker nach, wird man erst darauf gestoßen, daß die Bantu-Sprachen ja auch nur eine Untergruppe sind der Niger-Kongo-Sprachen darstellen. Aus diesen sind die hervorgegangen. Das war wir in unserem letzten Artikel noch nicht berücksichtigt worden.

Der westliche Sudan als Heimat der Niger-Kongo- und damit auch der Bantu-Sprachen?

Über die Niger-Kongo-Sprachen finden sich nun folgende Angaben (Wiki):
Bei der Größe des Niger-Kongo mit 1.400 Sprachen ist es nicht erstaunlich, daß bisher noch keine Protosprache für die gesamte Familie rekonstruiert werden konnte. Es fehlte allein schon die Forschungskapazität, um dieses Projekt durchzuführen. Dieses Faktum wurde - und wird vereinzelt noch - als Argument der Gegner einer genetischen Einheit des Niger-Kongo benutzt.
Der Begriff "genetische Einheit" ist hier rein sprachwissenschaftlich gemeint und hat nichts mit Biologie zu tun. Allerdings breiten sich Sprachen - wie wir derzeit durch die Humangenetik immer genauer lernen - in der Regel gemeinsam mit der Biologie, bzw. gemeinsam mit genetischer Herkunft aus. Insofern ist es sicherlich erlaubt, bei diesem Begriff auch eine biologische Bedeutung mitzuhören. Es heißt nun weiter:
Es stellt sich also die Frage: Ist das Niger-Kongo eine genetische Einheit, so daß die lexikalischen und grammatischen Gemeinsamkeiten auf eine gemeinsame Vorgängersprache zurückgehen, oder ist es nur eine Ansammlung von typologisch ähnlichen Sprachgruppen, die sich durch arealen Kontakt gegenseitig mehr oder weniger stark beeinflusst haben?  Die Antwort fällt seitens der Fachleute der Niger-Kongo-Forschung heute eindeutig aus: die Gemeinsamkeiten in Grammatik und Wortschatz lassen sich nur durch eine genetische Verwandtschaft erklären.
In einem nächsten Abschnitt heißt es:
Wegen des riesigen Umfangs des Niger-Kongo wurde bisher keine Protosprache für die Gesamtfamilie rekonstruiert (deren Alter mit mindestens 10.000 Jahren anzusetzen ist), es gibt lediglich Rekonstruktionen für einzelne Untergruppen, am gründlichsten für die Bantusprachen.
Und weiter:
Hinweise auf die Urheimat des Niger-Kongo sind in der Literatur äußerst spärlich. Wahrscheinlich ist aber der Bereich des westlichen Sudan (also das subsaharanische westliche Afrika), in dem die Niger-Kongo-Sprachen auch heute noch ihre größte Vielfalt zeigen. Das weit im Osten davon angesiedelte Kordofanische muß dann auf eine sehr frühe Auswanderung zurückgehen, oder die Urheimat erstreckte sich bis an den Nil, was eher unwahrscheinlich ist. Die Ausbreitung über das ganze zentrale, östliche und südliche Afrika erfolgte nahezu ausschließlich durch die Sprecher der Bantusprachen.
Westlicher Sudan? Nach längerem Recherchieren wird einem klar, daß sich in der Verbreitung der großen Sprachfamilien in Afrika (Abb. 1) auch schon eine Chronologie der Verbreitung des Ackerbaus in Afrika widerspiegeln wird. Sprich vom Entstehungsgebiet des Ackerbaus in der heutigen Südtürkei und im Levanteraum (um 10.000 v. Ztr.) wird er sich gemeinsam mit der afroasiatischen Sprachgruppe, deren Urheimat in der östlichen Sahara liegen soll (Wiki), also im heutigen Ägypten, etwa ab 6.500 v. Ztr. über Nordafrika ausgebreitet haben. Also etwa etwas früher, bzw. zeitgleich zur Ausbreitung des Ackerbaus in Europa. Wobei neben dem Ägyptischen die Berbersprachen eine Hauptrolle spielten, die früher noch eine größere Verbreitung in Nordafrika hatten als heute. Ebenso werden dann die Völker der kuschitischen, omotischen und Tschad-Sprachen im nördlichen Ostafrika entstanden sein jeweils gemeinsam mit der Annahme und Verbreitung des Ackerbaus, bzw. der Rindviehhaltung und seßhafter Lebensweise. Die semitischen Sprachen dieser Sprachgruppe (vor allem Arabisch) breiteten sich ja weltgeschichtlich gesehen erst sehr viel später nach Afrika aus (mit dem Islam). Noch weitere Einzelheiten über die zahlreichen Domestikations-Ereignisse in Afrika werden auf dem englischsprachigen Wiki aufgezählt ("History of Africa"):
Eine feuchte Klimaphase in Afrika wandelte das äthiopische Hochland in einen Bergwald um. Omotische Sprecher domsetizierten die Banane um 6.500 bis 5.500 v. Ztr. Um 7.000 v. Ztr. domestizierten die Bewohner des äthiopischen Hochlandes Esel und bis 4.000 v. Ztr. hat sich der domestizierte Esel bis Südwestasien ausgebreitet. Kuschitisch-Sprachige, die sich zum Teil von der Rinderhaltung abwendeten, domestizierten Teff- und Finger-Hirse zwischen  5.500 v. Ztr. und 3.500 v. Ztr.. ....
A wet climatic phase in Africa turned the Ethiopian Highlands into a mountain forest. Omotic speakers domesticated enset around 6500–5500 BCE. Around 7000 BCE, the settlers of the Ethiopian highlands domesticated donkeys, and by 4000 BCE domesticated donkeys had spread to southwest Asia. Cushitic speakers, partially turning away from cattle herding, domesticated teff and finger millet between 5500 and 3500 BCE. In the steppes and savannahs of the Sahara and Sahel, the Nilo-Saharan speakers and Mandé peoples started to collect and domesticate wild millet, African rice and sorghum between 8000 and 6000 BCE. Later, gourds, watermelons, castor beans, and cotton were also collected and domesticated. The people started capturing wild cattle and holding them in circular thorn hedges, resulting in domestication. They also started making pottery and built stone settlements (look up Tichitt- Oualata). Fishing, using bone tipped harpoons, became a major activity in the numerous streams and lakes formed from the increased rains. In West Africa, the wet phase ushered in expanding rainforest and wooded savannah from Senegal to Cameroon. Between 9000 and 5000 BCE, Niger–Congo speakers domesticated the oil palm and raffia palm. Two seed plants, black-eyed peas and voandzeia (African groundnuts) were domesticated, followed by okra and kola nuts. Since most of the plants grew in the forest, the Niger-Congo speakers invented polished stone axes for clearing forest.
Feste Siedlungen in der Nubischen Wüste (7.000 bis 4.000 v. Ztr.)

Der reiche archäologische Fundort Nabta Playa (Wiki) in der Nubischen Wüste aus der Zeit ab 6.500 v. Ztr. gibt Hinweise, wie man sich die Ausbreitung des Ackerbaus in Afrika vorstellen kann (Wiki):
Seit dem 7. Jahrtausend finden sich große Ansiedlungen mit hohem Organisationsgrad. Im Nabta-Playa ist seit etwa 6000 v. Chr. auch Keramik nachgewiesen. Diese mit komplexen farbigen Mustern verzierte Keramik ähnelt Keramikstilen im Niltal bei Khartum. Die archäologischen Befunde deuten darauf hin, daß der gesellschaftliche Organisationsgrad höher war als in den Siedlungen im Niltal. (...) Im Nabta-Playa befindet sich nahe einem ausgetrockneten See mit das älteste archäoastronomische Monument. Etwa zeitgleich mit der Kreisgrabenanlage von Goseck, jedoch 1000 Jahre älter als Stonehenge, errichteten die Bewohner eine Megalith-Anlage für Kalenderzwecke zur Bestimmung der Sommersonnenwende.
Abb. 2: Astronomische Anlage in Nabta Playa in der Nubischen Wüste (um 5.000 v. Ztr.) (Wiki)

Das englischsprachige Wiki (Wiki) ist dazu noch genauer. Wenn man die Ergebnisse der Humangenetik unseres letzten Blogartikels berücksichtigt, wird man sagen müssen, daß die Entstehung des Ackerbaus in dieser Region nicht nur durch kulturelle Anregungen erfolgte, die die einheimische Bevölkerung, die vermutlich "negroid" war, wie es heißt, übernommen hat, sondern auch durch Wanderungsbewegungen von Menschen aus dem Norden. In ganz ähnlicher Weise ist ja auch der früheste Ackerbau in Europa verbreitet worden, diesmal durch Völker, die sich vom Balkanraum aus Richtung Mitteleuropa ausbreiteten.

Auch die Sprachenkarte Afrikas (Abb. 1) selbst scheint ja schon im Groben nahezulegen, daß sich der Ackerbau in Afrika nicht vor allem über die Meeresküsten, sondern über das Festland - und vor allem vermittelt über die Nilregion - nach Süden ausbreitete. Und hierbei wird also die nilosaharanische Sprachgruppe (Wiki), der auch der Fundort Nabta Playa zugesprochen wird, und die sich von der afroasiatischen Sprachgruppe unterscheidet, die Hauptrolle gespielt haben. Der Regenwald bildete dabei zunächst eine Grenze nach Süden. Diesen durchschritten die Vorfahren der Bantu-Völker schließlich, wie Ruth Mace erwähnte.

Für dieses grobe Bild bleibt - wie vielleicht deutlich geworden ist - noch viel Platz für weitere Einzelheiten, die zu erforschen sind oder aus der Literatur heraus nachzutragen wären.

Ergänzung 25.7.2017: Ein Mann, der 1.000 v. Ztr. in Tanzania lebte, hatte Gene sowohl der ostafrikanischen Jäger und Sammler in sich als auch Gene der Ackerbauern aus dem Levanteraum. Zu seiner Zeit wurde in Tanzania schon Rinderhaltung betrieben, die sich von hier aus bis Südafrika ausgebreitet haben KÖNNTE (2).

/ Bearbeitet:
25.7.2017,
8.7.2919 /
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  1. Mace, Ruth u.a.: Phylogenetic reconstruction of Bantu kinship challenges Main Sequence Theory of human social evolution. PNAS, December 9, 2014, vol. 111, no. 49
  2. Callaway, Ewen: Ancient-genome studies grapple with Africa’s past - Clutch of DNA analyses show that ancient humans moved around on the continent far more than has been appreciated. In: Nature, 06 July 2017, http://www.nature.com/news/ancient-genome-studies-grapple-with-africa-s-past-1.22272

Montag, 8. Dezember 2014

Europäische Gene in Afrika ab 6.500 v. Ztr.

Spannende neue Erkenntnisse aus der Erforschung der Genome der Afrikaner

Die folgende Abbildung ist eine tolle Grafik, die einige der wesentlichsten Ergebnisse einer neuen Studie in "Nature" (1) über die Erforschung des Genoms der Afrikaner und der Geschichte derselben in den letzten 12.000 Jahren zusammenfasst (Abb. 1) (die Studie ist frei zugänglich).

Abb. 1: Datierung und Anteil der Eimischung von außerafrikanischen und Buschleute-Genen in das typische Genom der Schwarzafrikaner

Sie zeigt den Anteil der Einmischung von außerafrikanischen und Buschleute-Genen in das typische Genom der schwarzafrikanischen Bevölkerung südlich der Sahara (orange gefärbt = "SSA ancestry" = Sub-Saharan Africa ancestry). Diese Bevölkerung wird auch als die Gruppe der traditionell Ackerbau und Rindviehzucht betreibenden Bantuvölker angesprochen. Aber es wird nicht nur der Anteil gekennzeichnet, sondern auch auch die jeweilige zeitliche Datierung der Einmischung.

Vieles davon deutete sich schon in früheren Studien an. Aber hier hat man es nun einmal zusammengefaßt und komprimiert auf einen Blick und auf neuestem Stand.

6.500 v. Ztr. - Ethnogenese der Bantu-Völker angestoßen durch Neolithisierung des Mittelmeerraumes?

Nach dieser Studie, bzw. der genannten Grafik gab es zwischen 8.500 und 5.500 v. Ztr. eine geringe Einmischung der Gene von frühen "Eurasiern", also sicherlich Menschen grob gesprochen aus dem Mittelmeerraum, dem fruchtbaren Halbmond und von deren Randgebieten (s. Abb 1 linke Grafik "Eurasian ancestry"). Es erscheint nicht unwahrscheinlich, dass dies in einem näheren oder ferneren Zusammenhang steht mit der gleichzeitigen Neolithisierung des gesamten Mittelmeerraumes ab 6.500 v. Ztr.. Es könnte sich hierbei also um frühe neolithische, ackerbautreibende Völker von den Mittelmeerküsten Nordafrikas gehandelt haben, die den Bantu-Völkern die Anregung gegeben haben könnten, zum Ackerbau überzugehen, und die damit womöglich die Ethnogenese der Bantu-Völker initiiert haben.

Es wäre sicher von Interesse zu wissen, ob sich diese über Land oder über die Meeresküsten nach Westafrika ausgebreitet haben. Hier auf dem Blog ist schon auf Indizien darauf hingewiesen worden, dass die Schiffahrt auf dem Mittelmeer ab 6.500 v. Ztr. weitere Strecken überwinden konnte (direkter Seeweg von Nordafrika nach Südfrankreich, nachgewiesen anhand bestimmter Pflanzen). Deshalb könnte man es für plausibel erachten, dass sich diese Kulturen auch bis Westafrika entlang der Küsten ausgebreitet haben.

Zwischen 9.100 und 4.500 v. Ztr., also etwa zeitgleich, gab es bei der Ethnogenese der Bantu-Völker in Westafrika eine geringe Eimischung der Gene von Buschleuten (Abb. 1, rechte Seite: "HG ancestry" = Hunter-Gatherer-ancestry), die also damals womöglich noch bis Westafrika ausgebreitet lebten und erst danach von der schnell wachsenden Demographie der seßhaften Bantu-Völker über ganz Afrika südlich der Sahara hinweg in Restgebiete verdrängt worden sind. Darüber heißt es in der Studie (mit Bezügen zu entsprechenden vorausgehenden archäologischen Studien):
Given limited archaeological and linguistic evidence for the presence of Khoe-San populations in West Africa, this extant HG admixture might represent ancient populations, consistent with the presence of mass HG graves from the early Holocene period comprising skeletons with distinct morphological features, and with evidence of HG rock art dating to this period in the western Sahara.
Zur Vermischung mit Buschleuten kam es bei der Ausbreitung der Bantu-Völker in den nachfolgenden Jahrtausenden immer wieder, ihr genetischer Anteil in den Bantu-Bevölkerungen ist im Süden Afrikas heute noch höher als im Norden (s. Abb. 1 rechte Grafik). - Vielleicht war er früher im Norden auch noch höher und ist über den langen Zeitraum "herausselektiert" worden?

Ab 4.500 v. Ztr. - Genetische Einflußnahmen nördlicher Ackerbau- und Hochkulturen auf die Bantu-Völker

Auch spätere Eimischung von Genen vermutlich nordafrikanischer, mediterraner Ackerbauern-Kulturen (mit Rinderhaltung), bzw. der Ägypter, sowie von Genen des Vorderen Orients lassen sich in den Bantu-Völkern nachweisen (Abb. 1 linke Grafik). Unter anderem aus der Zeit, als die ägyptischen städtische Kultur ("Hochkultur") am Oberlauf des Nil vordrang (1.900 v. Ztr. bis 400 v. Ztr.) und als etwa zeitgleich städtische Kulturen ("Hochkulturen") der arabischen Halbinsel auf den afrikanischen Kontinent übergriffen (1.800 v. Ztr. bis 600 v Ztr.), sowie als sich die Expansion der Araber, bzw. des Islam vollzog (300 bis 900 bzw. 1250 n. Ztr.).

Einen Tag nach der Veröffentlichung dieser Studie wurde im parallelen Wissenschaftsmagazin "Science" aufmerksam gemacht auf eine mindestens ebenso spannende Studie zur genetischen Geschichte der Buschleute, veröffentlicht in "Nature Communications" (2, 3). Die Buschleute stehen ja genetisch, geographisch und sprachlich am dichtesten an der Wurzel des Völker-Stammbaums von uns Menschen heute weltweit. Sie sind sozusagen - wahrscheinlich - die Hüter unseres ursprünglichsten genetischen, sprachlichen und kulturellen Erbes. Während alle anderen Völker weltweit nach der Menschwerdung vor etwa 200.000 Jahren in Afrika aus sich abwandernden kleinen Bevölkerungsgruppen hervor gingen (also etwa ab 60.000 Jahren vor heute), wobei in Gründerpopulationen viel Drift (neue Zufallsverteilungen von Genen) und Selektion stattfinden konnte (sprich genetische Neuanpassungen an die Verhältnisse vor Ort, sprich: Evolution), stammen die Buschleute heute immer noch von der einstmals grössten Bevölkerungsgruppe weltweit ab (2):
For tens of thousands of years, the Khoisan’s ancestors were members of “the largest population” on the planet, according to a new study. (...) The Khoisan inherited their genetic diversity from a large ancestral population, an idea supported by a single Khoisan genome published in 2012. 
Und weiter:
The team reconstructed population sizes for the ancestors of the Khoisan, as well as for Europeans, Asians, and another African group, the Yoruba. They found that all four groups declined in effective population size (the number of breeding adults) between 120,000 and 30,000 years ago. The non-Khoisan groups’ numbers plunged precipitously - by 30,000 years ago, European and Asian populations had plummeted by 90% from their peak, thanks to population bottlenecks caused by the migration of small groups out of Africa. But the Khoisan population declined by only 26%. (Yoruba populations dropped by 69%).
In der Originalstudie (3) heißt es:
The ancestors of the non-Khoisan groups, including Bantu-speakers and non-Africans, experienced population declines after the split and lost more than half of their genetic diversity.
Und:
The earliest human population split has been known to be between the ancestral Khoisan and the ancestors of the other human populations and was estimated to take place ~110–150 kyr ago. (...) After the earliest split, between the ancestral Khoisan and non-Khoisan populations ~100–150 kyr ago, the ancestral Khoisan population maintained their high genetic diversity, while the effective population size of the non-Khoisan continued to decline for 30~120 kyr ago and lost more than half of its diversity. The ‘Out of Africa’ migration ~40–60 kyr ago (ref. 20) accounts for the observed population split between African and non-African populations, and the subsequent smaller effective population size of non-Africans compared with non-Khoisan Africans.
Die Buschleute wurden in den letzten 2000 Jahren durch die Ausbreitung der Bantuvölker ebenfalls zu einer Art "Flaschenhals-Population", die am Rande des Aussterbens steht. Aber alles deutet darauf hin, dass auch dieser Bevölkerungsrückgang für sich noch nicht so viel Selektion und Evolution ausgelöst hat wie ihn die Vorfahren aller übrigen Völker weltweit während und nach dem Auswandern aus Afrika erfahren haben, bzw. während ihrer Ethnogenese innerhalb der anderen Weltteile später.

Die Buschleute waren einst die größte Bevölkerungsgruppe weltweit 

Dies macht deutlicher vielleicht als jemals zuvor auf eine Erkenntnis aufmerksam, die sich nach und nach immer deutlicher herausschält: Human-Evolution - zusammen mit Intelligenz- und Verhaltens-Evolution, sowie mit der Evolution von vielfältigsten Körpermerkmalen, Verdauungsmerkmalen, Krankheitsneigungen - scheint mehr oder weniger still zu stehen, wenn Völker zahlenmäßig groß bleiben und nicht mit neuen Lebens- und Überlebensbedingungen konfrontiert werden oder solche von sich aus aktiv aufsuchen.

Und daran schließt sich eine weitere Schlußfolgerung an, die einen ziemlich umtreiben könnte: Sollte das - sozusagen - der evolutionäre Sinn der Tatsache sein, dass sich heute weltweit die einheimischen Bevölkerungen auf der Nordhalbkugel in der demographischen Krise befinden? Nachdem sich ihre kulturellen Lebens- und Überlebensbedignungen in den letzten 500 Jahren drastisch verändert haben? Und wie werden die Neuanpassungen aussehen, die geeignet sind, diese demographische Krise zu überstehen und - sozusagen - eine "neue Welt" zu schaffen? Eine neue Welt des Menschen, des zukünftigen? Diese letztgenannte Studie läßt darüber jedenfalls intensiver nachdenken, als jede andere Studie zuvor, da sie so vieles bestätigt und ergänzt, was sich schon zuvor angedeutet hatte!

Friedrich Schiller läßt seinen Marquis Posa in seinem "Don Carlos" zum Beispiel sagen:
                              Das Jahrhundert
Ist meinem Ideal nicht reif. Ich lebe,
Ein Bürger derer, welche kommen werden.
Man könnte noch viele Erwartungen auf eine bessere Zukunft der Menschheit zitieren, wie sie unsere großen Dichter und Denker ausgesprochen haben. Die neuen genetischen Erkenntnisse müssen jedenfalls nicht als im Widerspruch zu solchen Erwartungen stehend interpretiert werden.

Ergänzungen zu neuen Erkenntnissen seither


Ergänzung 14.12.2014: Dieser Blogartikel hat einen zweiten nach sich gezogen (4, 5).

Ergänzung 25.7.2017: Ein Mann, der 1.000 v. Ztr. in Tansania lebte, hatte Gene sowohl der ostafrikanischen Jäger und Sammler als auch Gene der Ackerbauern aus dem Levanteraum in sich. Zu seiner Zeit wurde in Tansania schon Rinderhaltung betrieben, die sich von hier aus bis Südafrika ausgebreitet haben könnte (6).

Ergänzung 26.7.2018: Es ist sicher von Interesse, die Domestikation des afrikanischen Reis in Mali im Niger-Delta in Verbindung zu bringen zu den in diesem Blogartikel behandelten Fragen (7, 8).

Ergänzung 6.5.2019: Man hat inzwischen verstanden, daß die Gegend des nördlichen Niger-Flusses in Zusammenhang gebracht werden kann mit zahlreichen Domestikationsereignissen, die nachfolgend für weite Teile Afrikas Bedeutung erhalten sollten, etwa auch für die Yams-Wurzel (9).

/ Als neuer Titel des Blogartikels
die erste statt zuvor die 
dritte Zwischenüberschrift:
8.7.2019/
_____________________________________________

  1. Deepti Gurdasani, Stephen Tollman et al.: The African Genome Variation Project shapes medical genetics in Africa. In: Nature (2014), Published online 03 December 2014, doi:10.1038/nature13997, http://www.nature.com/nature/journal/vaop/ncurrent/full/nature13997.html
  2. Gibbons, Anne: Dwindling African tribe may have been most populous group on planet. In: Science, 4.12.2014 
  3. Kim, H., Ratan, A., Perry, G., Montenegro, A., Miller, W., & Schuster, S. (2014). Khoisan hunter-gatherers have been the largest population throughout most of modern-human demographic history Nature Communications, 5 DOI: 10.1038/ncomms6692  
  4. Mace, Ruth u.a.: Phylogenetic reconstruction of Bantu kinship challenges Main Sequence Theory of human social evolution. PNAS, December 9, 2014, vol. 111, no. 49
  5. Bading, Ingo: Wie kam das Ursprungsvolk der Bantu-Völker zum Ackerbau? Historische Erläuterungen und Ergänzungen zum vorigen Blogartikel. Stud. gen., 14. Dezember 2014, https://studgendeutsch.blogspot.com/2014/12/wie-kam-das-ursprungsvolk-der-bantu.html
  6. Callaway, Ewen: Ancient-genome studies grapple with Africa’s past - Clutch of DNA analyses show that ancient humans moved around on the continent far more than has been appreciated. In: Nature, 06 July 2017, http://www.nature.com/news/ancient-genome-studies-grapple-with-africa-s-past-1.22272
  7. Philippe Cubry et. al. (Yves Vigourou): The Rise and Fall of African Rice Cultivation Revealed by Analysis of 246 New Genomes. Current biology 2018, Vol: 28, Issue: 14, Page: 2274-2282.e6, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0960982218307024
  8. Samantha J. Snodgrass, Matthew B. Hufford: Domestication Genomics: Untangling the Complex History of African Rice. Current Biology, Volume 28, Issue 14, 23 July 2018, Pages R786-R788, https://doi.org/10.1016/j.cub.2018.05.072, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0960982218307085  
  9. Elizabeth Pennisi: Plant studies show where Africa’s early farmers tamed some of the continent’s key crops. Science Magazine, 1. Mai 2019, https://www.sciencemag.org/news/2019/05/plant-studies-show-where-africas-early-farmers-tamed-some-continents-key-crops
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