Mittwoch, 26. Dezember 2007

Angeborene ADHS-Neigung und angeborene Intelligenz

Wollte grade eine Antwort auf den letzten Kommentar von MichaS schreiben. Aber sie wurde so lang, daß ich jetzt einen eigenen Beitrag daraus mache.

Zunächst eine Übersicht über alle bisher auf Studium generale erschienen Beiträge zur ADHS-Genetik (hier). Und dann soll noch einmal der jüngste Kommentar von MichaS zu diesem Studium generale-Beitrag (vom Mai 2007) zitiert werde. MichaS - selbst ADHS-Betroffener - schreibt:
Hallo Ingo,

Zit.:"Dummerweise scheint man das einfachste von der Welt gar nicht gemacht zu haben, nämlich IQ-Tests."

Soweit ich weiß, stimmt folgendes:

Häufig korreliert ADHS (auch ohne Hyperaktivität) mit einem hohen bis sehr hohen IQ, der aber nicht immer zum Tragen kommt, bzw. gerade dazu "ausreicht", die Symptome zu kompensieren (z.B. auch um sozial mithalten zu können).

Es gibt sicher ADHS-"Schulversager" (Underachiever) mit einem IQ >130.

Zur Förderung überdurchschnittlich begabter ADS-ler gibt es auch eine Schule:
http://www.muensingerschule.de/c...index.php? id=19

P.S.: Ohnehin ist in diesem Artikel in erster Linie von hyperaktivem Verhalten die Rede und nicht von ADHS wenn ich das richtig verstehe. Hyperaktives Verhalten kann auf ADHS hinweisen oder auch nicht.
Meine Antwort: Der Plomin ist schon ein anerkannter, führender Forscher auf dem Gebiet der IQ- und Verhaltensgenetik, insofern kann man seine Ergebnisse nicht so einfach vom Tisch wischen.

Suche nach dem Original-Artikel

Wenn man in der Frage weiter kommen will, muß man sich über Google Scholar den Originalartikel organisieren (hier, hier). Der Titel des Aufsatzes wird danach sein: "Why Are Hyperactivity and Academic Achievement Related?" Hier die Originalzeitschrift "Child Development", die weltweit führende wissenschaftliche Zeitschrift auf ihrem Gebiet. Hier diverse weitere Pressemeldungen zu diesem Aufsatz. Hier nun der Abstract.

... Tja, und dann erfährt man nach vieler Suche nur wieder, daß unser "Open Acess"-System wieder einmal grottenschlecht funktioniert und der Aufsatz nicht öffentlich zugänglich ist. Also muß man zur nächsten Uni-Bibliothek pilgern - am besten mit Sticker, um sich den Aufsatz dort runterzuladen. (Falls nicht einer der Leser ihn grad schicken kann ...)

Interessiert hätten mich die sicherlich differenzierteren Argumentationen der Autoren auf jeden Fall. Studien, die diesen Aufsatz zitieren (überprüfen?) würden, scheint es auch noch nicht zu geben. Dafür ist es auch noch zu früh.

... Nicht gefunden, also selber überlegen ...

- Hm, also sagen wir einmal so. Aschkenasische Juden haben den durchschnittlich höchsten IQ weltweit (IQ = 115) und zugleich (wenn ich das richtig in Erinnerung habe) eine ADHS-Gen-Häufigkeit sehr ähnlich der bei Europäern. Chinesen haben den nächsthöheren durchschnittlichen IQ (IQ = 105), dagegen geht bei denen die ADHS-Gen-Häufigkeit gegen Null. Europäer haben den nächsthöheren (IQ = 100) - aber eine ähnliche ADHS-Häufigkeit wie bei den aschkenasische Juden. (Manche) Stämme amerikanischer Ureinwohner haben eine sehr hohe Häufigkeit von ADHS-Genen und grob einen niedrigeren durchschnittlichen IQ als Europäer (sagen wir grob 85). Buschleute haben einen sehr niedrigen durchschnittlichen IQ (56) und deren ADHS-Gen-Häufigkeit geht ähnlich wie bei den Chinesen gegen Null.

Was kann man daraus ablesen? Es gibt Gruppen (Völker) mit hohem IQ und höherer ADHS-Rate ebenso wie es Völker gibt mit hohem IQ und niedriger ADHS-Rate, ebeno wie es Völker gibt mit niedrigerem IQ und hoher ADHS-Rate, ebenso wie es Völker gibt mit niedrigem IQ und niedriger ADHS-Rate.

Von diesen Daten kann man ja eigentlich schon ablesen, daß die Beziehung zwischen IQ- und ADHS-Genetik keine sehr enge sein kann. Es stellt sich nun die Frage, welche Untersuchungsgruppe gewählt worden war. Europäer? Chinesen? Juden? Gemischt? Und wie weit das dann überhaupt auf die Gesamt-Menschheit verallgemeinerbar ist.

Man kann an diesen wenigen Daten jedenfalls schon sehen, daß die Psychologie von Völkern (und einzelnen Menschen?) sehr differenziert und sehr spezfisch sein kann und nicht allzu leicht "über einen Kamm geschert" werden kann. Interessant wäre tatsächlich zu erfahren, ob beispielsweise bei der Gruppe der aschkenasischen Juden, deren IQ über 130 liegt, die ADHS-Gen-Häufigkeit genauso groß ist wie in der Durchschnittsbevölkerung der aschkenasischen Juden. Und ebenso bei Chinesen oder Europäern.

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